Prozesse & Produkte
Die neue Leichtigkeit auf dem Bau
| Petra Rehmet
Pultrudierte Rebars
Wer kennt nicht die rostigen, lockenartig ausgeführten Bewehrungsstäbe und Gittermatten aus Baustahl, die man auf vielen Baustellen sieht? Bei KraussMaffei hat man nun in eine Rebar-Pultrusionsanlage investiert, um Alternativen auf GFK-Basis zu untersuchen und herstellen zu können
„Die Pultrusion ist eine einfache Art wirtschaftlich Profile herzustellen, es gibt kaum Turn-Key-Angebote und es ist eine Wachstumstechnologie. Außerdem kennen wir uns mit Fasern, Dosiertechnik und der zugehörigen Verfahrenstechnik aus" erläutert Sebastian Schmidhuber, Leiter Entwicklung Reaktionstechnik bei KraussMaffei, die Motivation KraussMaffeis vor gut einem Jahr in die Pultrusion einzusteigen. Das Ergebnis der jüngsten Entwicklungsarbeit ist die 2017 auf den Markt gebrachte iPul-Anlage, die mit deutlich höheren Produktionsgeschwindigkeiten als übliche Wannen- oder Durchziehverfahren ganz neue Anwendungen für die Pultrusion eröffnet. Daher erweitert KraussMaffei nun sein Technikum um eine zweite Pultrusionsanlage, eine Rebar-Anlage zur Herstellung pultrudierter Bewehrungsstäbe. „Zusammen mit der ersten iPul-Anlage, einer Flachprofilanlage, bieten wir unseren Kunden ein umfassendes und weltweit sicherlich einmaliges Angebot an Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten auf dem Gebiet der Pultrusion", so Schmidhuber.
Großes Potenzial in der Bauindustrie
Pultrudierte Bewehrungsstäbe auf Basis von Epoxy verstärkt mit Glas- oder denkbar mit Carbonfasern, auch Rebars genannt, bieten in der Bauindustrie ein enormes Potenzial. „Im Vergleich zu klassischen Stahlarmierungen sind sie korrosionsbeständig. Dadurch können darüber liegende Betonschichten deutlich dünner ausfallen", erklärt Schmidhuber. Weitere Vorteile sind das geringere Gewicht und damit der günstigere Transport, das einfachere Handling auf der Baustelle sowie die Tatsache, dass die faserverstärkten Rebars endlos hergestellt und am Ende der Pultrusionsanlage auf Trommeln aufgewickelt werden können. Typische Einsatzgebiete sind zum Beispiel in der Infrastruktur in Brücken oder im Straßenbau oder aber in korrosionsgefährdeten Umgebungen in Nutzgebäuden.
Bislang scheiterte die serientaugliche Umsetzung jedoch oft an einer effizienten Produktion. „Die klassischen Produktionsgeschwindigkeiten für Rebars im Wannen- oder Durchziehverfahren liegen derzeit noch bei relativ niedrigen Abzugsgeschwindigkeiten, zum Teil unter 0,5 m/min. Mit der neuen iPul-Anlage in unserem Technikum streben wir bis zu sechsmal schnellere Geschwindigkeiten an und bieten damit auch eine wirtschaftliche Alternative zu herkömmlichen Stahlarmierungen", so Schmidhuber. KraussMaffei arbeitet dabei eng mit der Firma Evonik zusammen, die ein speziell für diese Anwendung prädestiniertes Epoxidharz entwickelt hat. Weitere Partner sind die Firmen Thomas Technik (Radius Pultrusion) sowie Alpex (Werkzeugtechnik).
Die Freude am Entwickeln optimaler Lösungen trifft bei der Rebar-Anwendung also erneut auf Industriekompetenz, Effizienzorientierung und weltweite Vermarktung. Das hat sich schon bei der ersten Pultruionsanlage im KraussMaffei Technikum bewährt, einer iPul-Anlage zur Herstellung von Flachprofilen. Hier arbeitet KraussMaffei unter anderem intensiv mit der Firma Covestro auf dem Gebiet neuer Polyurethan-basierter Fensterprofile zusammen. Weiterer Forschungspartner auf dieser Anlage ist die Firma Huntsman. Hier arbeiten beide Unternehmen an der Entwicklung pultrudierter Verstärkungselementen für besonders großflächige Rotorblätter in Windkraftanlagen.
"Die Pultrusion ist eine einfache Art wirtschaftlich Profile herzustellen, es gibt kaum Turn-Key-Angebote und es ist eine Wachstumstechnologie."Sebastian Schmidhuber, Leiter Entwicklung Reaktionstechnik