Trendgineering
Geschäumtes Gärtnerglück
| Petra Rehmet
Intelligenter Komposter nutzt MuCell-Technologie
Das Innere des patentierten Drei-Phasen-Komposters Aeroplus 6000 ist gleich doppelt spannend: Ein innovatives Mehrkammersystem erlaubt die unmittelbare Verwandlung von Bioabfällen zu hochwertiger Erde. Die Komponenten bestehen aus MuCell-geschäumten Teilen.
Der seit 2011 auf dem Markt befindliche Komposter aus Polypropylen (PP) des österreichischen Herstellers Juwel macht es dem Hobbygärtner leicht, seine Pflanzerde selbst herzustellen, denn durch ein patentiertes Drei-Kammern-System entfällt das lästige Umsetzen des Verrottungsguts und alles vollzieht sich sauber im Inneren. Auch Fluginsekten haben zum smaragdgrünen Gartenedelstein keinen Zutritt. Das Konzept fand sogar beim Red Dot Design Award lobende Erwähnung.
Als Juwel auf KraussMaffei zukam, ging es zunächst um ein anderes Projekt. Gartenbausteine, wie für Beeteinfassungen oder Hochbeete verwendet, die bis dahin chemisch geschäumt wurden, sollten auf physikalisches Schäumen umgestellt werden. Beim chemischen Schäumen ist dem Polymer nach wie vor ein Treibmittel beigemischt, das sich während der Plastifizierung zersetzt und ein Gas (meist Kohlendioxid) abgibt. Andreas Handschke, Technologiemanager für MuCell bei KraussMaffei, beschreibt die Problematik: "Bei diesem Zerfall entstehen auch Spaltprodukte wie Schwermetalle, die kaum kontrollierbar sind und im Rahmen der REACH-Verordnung zunehmend kritisch betrachtet werden. Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) macht ebenfalls strenge Vorgaben für Artikel, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, was bei Hochbeeten ja durchaus der Fall sein kann.“
Frei von störenden Nebenprodukten
Beim physikalischen Schäumen mit MuCell hingegen dosiert man direkt in der Schnecke Stickstoff zu, der dann im Bauteil die gewünschte Schaumstruktur erzeugt. Hierbei entstehen keinerlei störende Nebenprodukte. Für die von Trexel erfundene MuCell-Technologie ist KraussMaffei Systempartner und bietet als eines von nur wenigen Unternehmen Verfahrens- und Maschinentechnik aus einer Hand. Da die Tests dank der Münchner Fachleute hervorragend verliefen, entschloss sich Juwel, eine CellForm-Maschine von KraussMaffei zu kaufen und im ersten Schritt mit Nichtsichtbauteilen in Produktion zu gehen, weshalb der Aeroplus 6000 entsprechend umgestaltet wurde.
"MuCell bietet durch die bessere Fließfähigkeit fantastische Möglichkeiten für dünnere Wandstärken"Heinz Wüster, Geschäftsführer Juwel
Für erfolgreiches Kompostieren ist auch die Wärmeeinwirkung wichtig, und so bietet es sich an, geschäumte Bauteile zu verwenden und deren zusätzliche Isolierung zu nutzen. Da in den vergangenen Jahren außerdem die Materialpreise sowohl für Neuware als auch für Rezyklat anstiegen, der Absatzmarkt aber keine höheren Preise akzeptiert, suchte das Unternehmen aus Imst Wege der Produktivitätssteigerung. Der Komposter wurde auf chemisches Schäumen konzipiert und in einem weiteren Schritt auf MuCell, was dann aber keinen großen Aufwand mehr bedeutete. Gegenüber dem Kompaktspritzguss lassen sich nun rund 11 % Material sparen und durch die höhere Treibenergie ergibt sich auch gegenüber dem chemischen Schäumen ein Vorteil von 7 %.
Auch Sichtbauteile in der Erprobung
Juwel-Geschäftsführer Heinz Wüster ist von den Vorteilen der Technologie begeistert: "MuCell bietet durch die bessere Fließfähigkeit fantastische Möglichkeiten für dünnere Wandstärken. Konstruktiv heißt es umzudenken: Man verstärkt nur noch die Bereiche, die es mechanisch erfordern, denn aus rein verfahrenstechnischen Gründen sind gleichmäßige Wandstärken nicht mehr notwendig. Die schon dünneren Wände sind durch die Schaumstruktur außerdem wesentlich leichter.“ Für den Gartenspezialisten bedeutet dies einen wichtigen Schritt, um für die Zukunft gewappnet zu sein, und konsequenterweise sollen nun andere Artikel ebenfalls auf MuCell umgestellt werden. Die MX 1000 dient deshalb nicht nur der täglichen Produktion, sondern auch zur Erkundung neuer Einsatzmöglichkeiten – mit tatkräftiger Unterstützung von KraussMaffei und Trexel. So arbeitet man gemeinsam daran, durch gezielte Oberflächentechnik auch Sichtbauteile zu fertigen, bei denen das chemische Schäumen gegenwärtig noch leichte Vorteile hat. Wüster lobt die Zusammenarbeit: "Wir hatten das Thema MuCell bei uns eigentlich schon begraben, weil frühere Tests nicht erfolgreich waren. Zum Glück haben wir mit KraussMaffei doch noch einen Versuch gestartet, denn das physikalische Schäumen bringt uns wirklich große Vorteile.“
Kontakt
andreas.handschke@kraussmaffei.com