Trends & Märkte
Glasklarer Durchblick
| Jochen Mitzler, Martin Würtele, Jens Fiedler
Fertigung optischer Bauteile
Jeder Brillenträger kennt es: Ein winziger Fleck auf dem Glas ruiniert das Seherlebnis. Und wenn beim Autoscheinwerfer das Licht in die falsche Richtung streut, ist das sogar sicherheitsrelevant. Die Fertigung optischer Bauteile im Spritzgießen ist deshalb eine anspruchs- und verantwortungsvolle Aufgabe, zu der KraussMaffei das nötige Know-how liefert.
Das Spiel mit Licht wird immer anspruchsvoller und die Substitution von Glas durch Polymere schreitet fort, denn Kunststoff ist leichter und bietet wesentlich größere Freiheiten was die Integration verschiedener Funktionen in ein Bauteil betrifft. So kann ein Artikel Freiformflächen, Linsen und Prismen mit unterschiedlichen Wandstärken und auch Mikrostrukturen enthalten. Wesentlicher Innovationstreiber ist die Automobilbranche mit ihren Voll-LED-Frontscheinwerfern, die über Bereiche für Fern-, Abblend-, Kurven-, Tagfahrlicht verfügen und denen Experten ein starkes Wachstum voraussagen.
Herausforderung: Toleranzen und Transparenz
Die Geschäftsaussichten sind also hervorragend – wenn man das Einmaleins der Produktion von optischen Bauteilen beherrscht. Neben der Einhaltung von Toleranzen ist das zentrale Anliegen die vollkommene Transparenz der Linsen; diese kann etwa durch innere Spannungen beeinträchtigt sein, die den Strahlengang des Lichts beeinflussen. Bei großen Wanddicken ist die Schwindung kritisch, Staubeintrag ins Material verursacht schwarze Punkte und bei zu langer Verweildauer der Schmelze in der Maschine vergilbt das PC oder PMMA durch thermische Oxidation. Es gilt deshalb die ganze Fertigungskette und Anlagentechnik zu betrachten, beginnend bei der staubdichten Materialversorgung. Die Plastifizierung, Herzstück jeder Spritzgießmaschine, muss bei optischen Artikeln besonders exakt auf das Schussgewicht abgestimmt sein und bei ihren Komponenten kommen immer hochverschleißfeste Varianten zum Einsatz. Für Kunststoffe, die zum Anhaften neigen, braucht es eine spezielle Beschichtung.
Um die Produkte möglichst spannungsfrei zu halten, empfiehlt sich die Technik des Spritzprägens. Dabei wird die Masse in das noch leicht geöffnete Werkzeug eingespritzt, das sich erst danach vollständig schließt. Auf diese Weise herrscht in der gesamten Kavität ein gleichmäßiges Druckniveau; so lassen sich längere Fließwege realisieren, Lunker und Einfallstellen vermeiden – und eben auch Doppelbrechungseffekte durch innere Spannungen. Wichtig für diese Technik ist eine robuste Bauart der Maschine und höchste Plattenparallelität. Die Baureihe CX bietet sich durch ihre hohe Systemsteifigkeit und viele Ausstattungsoptionen an. Bei größeren Schließkräften ist die GX ideal, die über eine optionale Regelung der Plattenparallelität verfügt.
Produktionsthemen: Wirtschaftlichkeit und Funktionsintegration
Ob eine Substitution von Glas durch Kunststoff sinnvoll ist, entscheidet sich an der Wirtschaftlichkeit und der Integration mehrerer Funktionen in ein Bauteil. Bei ersterem schaffen Mehrkavitätensysteme und Mehrkomponententechnik attraktive Bedingungen. Insbesondere bei dicken Linsen ist der schichtweise Aufbau einer Optik das Mittel der Wahl, denn mehrere dünne Einzelschichten kühlen schneller ab als eine dicke und die Gesamtzykluszeit verkürzt sich entsprechend. Die Entspiegelung optischer Elemente durch Mottenaugenstrukturen oder das Einbringen ringförmiger Stufen in eine sogenannte Fresnellinse zeigen, was funktionell möglich ist. Beide Fälle lassen sich im herkömmlichen Spitzgießen nur schwer realisieren, es gelingt aber mit einer dynamischen Werkzeugtemperierung, die das Werkzeug an der betreffenden Stelle kurzzeitig stark aufheizt. Aufgrund seiner niedrigeren Viskosität kann der Kunststoff dann alle Strukturen präzise wiedergeben. Oder man greift bei der Fresnellinse gleich zu Flüssigsilikon (LSR), wie es KraussMaffei auf der Fakuma 2017 anhand einer 5 g-Linse auf einer vollelektrischen PX-SilcoSet-Maschine präsentierte.
Kontakt
jochen.mitzler@kraussmaffei.com
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