Kunststoff zum Werkstoff machen

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Kunststoff zum Werkstoff machen
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Ein Jahr KraussMaffei Start-up polymore

Im Interview sprechen Dr. Michael Ruf (CEO von KraussMaffei), Nadine Despineux (Executive Vice President DSS) und Josef Art (Business Director polymore) über das Start-up polymore.

Vor einem Jahr startete KraussMaffei mit dem Start-up polymore einen Online-Marktplatz für eine nachhaltige Kunststoffindustrie. Wie funktioniert das System hinter der Plattform?

Josef Art: polymore ist auf den Handel mit Compounds und Rezyklaten ausgelegt, wobei der Fokus auf Thermoplasten liegt. Die Plattform bringt Käufer und Verkäufer zusammen: Unternehmen müssen nur mittels Formular eine Anfrage zum benötigten Produkt stellen. polymore-Experten prüfen das Gesuch und leiten es an passende Anbieter weiter, die den anfragenden Unternehmen dann direkt Angebote schicken. Sowohl der Kauf als auch der Verkauf verläuft gebührenfrei. Jeder Nutzer ist außerdem umfassend verifiziert. Dadurch stellt polymore die Seriosität von Käufer und Verkäufer sicher.

Josef Art
Josef Art
Business Director polymore
Dr. Michael Ruf
Dr. Michael Ruf
CEO von KraussMaffei

Nadine Despineux: Meine klare Antwort hierauf ist: JA! Aufgrund der geplanten Einführung einer rechtlich bindenden Rezyklat-Quote für die Kunststoffindustrie, spielt der direkte Zugang zum Handel von wiederverwerteten Kunststoffen eine entscheidende Rolle und dies nicht zuletzt für den Aufbau gesamtheitlicher Lösungen aus Maschine und Material.

Die Kunststoffindustrie steht unter enormen Kostendruck und kämpft mit einem Imageproblem in der Öffentlichkeit. Sind das die richtigen Umstände, um ein Start-up für den Handel mit Kunststoffen zu gründen?

Dr. Michael Ruf: Gerade das ist eine der Stärken von polymore. Mit der klaren Positionierung im Bereich Circular Economy zeigen wir auf, dass wir etwas tun, um Kreislaufwirtschaft in Gang zu bringen. Die Kreislaufwirtschaft wird insbesondere dann in Gang kommen, wenn wir systematische Lösungen statt Einzellösungen haben. polymore ist hier unser Bindeglied zwischen Maschine, Digitalisierung, Material und Prozesspartnern entlang des Kunststoffkreislaufs. Ich bin mir sicher, dass der Beitrag von polymore in der Kunststoff-Kreislaufwirtschaft die Welt damit „ein bisschen besser machen“ wird.

Nadine Despineux
Nadine Despineux
Executive Vice President DSS

Josef Art: Über 80% unserer Kundenanfragen beziehen sich auf Circular Economy Produkte. Wir sind hier genau richtig platziert. Mit polymore verbinden wir Digitalisierung, Plattformökonomie, Vernetzung der Wertschöpfungskette. Neben dem operativen Geschäft wirken wir gleichzeitig auch noch an Lösungen und Mehrwertangeboten zusammen mit Instituten wie dem IKK Hannover, der DIN Gesellschaft und vielen weiteren mit.

Im Oktober 2019 wurde der Handel eröffnet. Welches Fazit ziehen Sie nach dem ersten Jahr?

Ruf: Wir haben einen Aufbruch geschafft. KraussMaffei wird nicht zuletzt durch polymore als Pionier in der Branche wahrgenommen. Wir beschreiten neue Wege und eröffnen uns dadurch Chancen. Das Team hat innerhalb eines Jahres einen enormen Bekanntheitsgrad im Markt erreichen können. Wir sehen an den Ergebnissen, dass wir beginnen, Traktion zu bekommen. Als CEO bin ich natürlich von Haus aus immer ungeduldig. Aber gerade bei digitalen Geschäftsmodellen ist es wichtig, das Durchhaltevermögen zu besitzen, das Geschäftsmodell immer wieder auf den Prüfstand zu stellen und mit unseren Kunden flexibel weiterzuentwickeln.

Despineux: Wir haben im Oktober 2019 polymore in den Markt eingeführt und gemeinsam mit wichtigen Kunden und Geschäftspartnern den Handel erstmalig eröffnet. polymore ist für KraussMaffei in der Zwischenzeit ein wesentlicher Bestandteil geworden, um uns in der Kreislaufwirtschaft europaweit zu positionieren. polymore wirkt zum Beispiel aktiv bei der Normierung und Standardisierung von Rezyklaten in der DIN Behörde mit. Wir haben mit polymore eine einzigartige Möglichkeit, uns im Markt in der Kombination von Maschine und Material zu differenzieren - wenn man davon ausgeht, dass 50% bis 70% der Bauteilkosten unserer Kunden vom Material beeinflusst werden.

Art: Aus meiner Sicht haben wir eine enorme Marktaktivierung erreicht. Allein in den ersten Monaten haben wir Anfragen für mehr als 50.000 Tonnen Material bearbeitet und hunderte von Partnern zusammen gebracht. Inzwischen verwalteten wir Anfragen für deutlich über 80.000 Tonnen Material. Ich bin sehr zufrieden damit, dass wir aktuell Materialanfragen für Jahresvolumen von 4.000 Tonnen operativ in Testphasen bei Kunden auf der Anlage haben - hauptsächlich in Deutschland und Italien. polymore ist eine gut positionierte Marke, wir bekommen ausgezeichnetes Feedback von unseren Materialpartnern.

Was bedeutet das Start-up für die KraussMaffei Gruppe?

Ruf: Ich war noch ganz neu im Unternehmen, als ich die Anfänge von polymore kennenlernen durfte. Von Beginn an war ich begeistert, welche Innovationskraft und Kreativität hinter diesem Start-up steckt. KraussMaffei wird nicht zuletzt durch polymore als Pionier der Branche wahrgenommen. Wir beschreiten neue Wege und eröffnen uns dadurch Chancen.

Despineux: polymore ist das erste eigene Start-up von KraussMaffei – einem 180 jährigen erfolgreichen Maschinenbauunternehmen! Darüber hinaus ist polymore ein sehr wichtiger Baustein unserer KraussMaffei Nachhaltigkeits-Strategie mit dem klaren Fokus, Kunststoff zukünftig zum Wertstoff zu machen. Mit polymore macht KraussMaffei einen deutlichen Schritt außerhalb des klassischen Maschinenbaugeschäfts und erschließt sich damit neue Geschäftsmöglichkeiten.

Art: Wir sind in engem Austausch mit unseren Kollegen vom Maschinengeschäft, denn gerade die von Nadine Despineux dargestellten Chancen von Material am Kunststoffprodukt, machen es sehr spannend, in der Kombination aus Maschine, Prozess und Material für Kunden Kostenvorteile zu erarbeiten. Hier arbeiten wir an vielen spannenden Projekten.

Welche Visionen haben Sie in Bezug auf polymore und inwiefern profitieren hier die KraussMaffei-Kunden?

Ruf: polymore wirkt für uns und vor allem für unsere Kunden in mehrere Richtungen. Zum einen als interner und externer Impulsgeber im Bereich Kreislaufwirtschaft, zum anderen in der Kombination Material und Maschine. Darüber hinaus ist polymore für uns ein Katalysator für die Vernetzung der Partner entlang der Wertschöpfungskette. Und damit schaffen wir Lösungen für eine leichtere Rückführung und Nutzung von Kunststoffabfall.

Despineux: Das Potential, welches hinter polymore steckt, ist enorm. Ich glaube fest daran, dass wir die Plattform gemeinsam mit unseren Kunden und Geschäftspartnern stetig weiterentwickeln, um den bestmöglichen Nutzen für unsere Kunden sicherzustellen. polymore ist ein wichtiger Baustein, wie aus Kunststoff ein Wertstoff wird und damit schaffen wir einen enormen Beitrag für die Kreislaufwirtschaft. Ich bin davon überzeugt, dass die Gesellschaft und Umwelt von polymore nachhaltig profitieren werden: Zum fest verwurzelten, traditionellen Kunststofffachbereich gesellen sich völlig neue, für die Branche eher unkonventionelle, digitale Denkansätze. Tradition und Innovation ergänzen sich hier optimal.

Was möchten Sie dem polymore-Team mit auf den Weg geben?

Despineux: Ich wünsche dem Team, den Pioniergeist unserer Firmengründer weiterhin so aufrecht zu erhalten wie bisher, neugierig und forsch neue Wege zu gehen und immer den Kundennutzen im Auge zu behalten. Mit diesen Zutaten wird das Team auch weiterhin erfolgreich sein.

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