Prozesse & Produkte
Pulverwerkstoff mit extremen Eigenschaften
| Andreas Weseler
72HA rückt dem Verschleiß zu leibe
Abrasion und Korrosion sind besondere Herausforderungen an Compoundier-Extruder. Mit einem neuen Werkstoff für die Gehäusebuchsen von Zweischneckenextrudern gelingt es KraussMaffei Berstorff, diesem Problem noch besser zu begegnen als bisher.
Der Name des „Wunder-Werkstoffs“ klingt völlig unspektakulär: 72HA. Hinter der Kurzformel verbirgt sich eine pulvermetallurgische Legierung auf Eisenbasis mit hohen Kohlenstoff- und Chromanteilen. Ihre chemische Zusammensetzung garantiert einen exzellenten Verschleißschutz gegen Abrasion und Korrosion. Doch nicht nur das: Das zweistufige Herstellungsverfahren von Teilen aus 72HA erleichtert auch die mechanische Bearbeitung erheblich.
Denn im ersten Schritt werden die Rohteile im HIP-Verfahren geformt. HIP steht für heißisostatisches Pressen – in einem beheizten Druckkessel wird die Pulvermischung gleichzeitig gepresst und gesintert. Das so erzeugte Werkstück zeichnet sich bereits durch eine extreme Materialdichte aus, hat aber noch nicht die für das Fertigteil angepeilte Endfestigkeit. In diesem „weichen“ Zustand lässt es sich noch gut bearbeiten. Erst danach wird es gehärtet – die Eisenbasis von 72HA macht diesen Ablauf möglich.
Längere Austauschintervalle
Andreas Madle, Verfahrensingenieur Entwicklung Kunststofftechnik bei KraussMaffei Berstorff, unterstreicht die Vorzüge des neuen Materials: „Dieser Werkstoff bietet einen optimalen Verschleißschutz bei abrasiver und korrosiver Beanspruchung. Damit verlängern sich die Austauschintervalle der Gehäusebuchsen spürbar. Gleichzeitig ist 72HA preislich viel attraktiver als bisher genutzte Werkstoffe.“ Für die moderne Zweischneckenextruder-Serie ZE BluePower ist die neue Generation von Gehäusebuchsen ab sofort verfügbar.
Nicht zuletzt kommt der Produktionsprozess auch den besonderen Anforderungen der Buchsen für die ZE BluePower-Serie entgegen. Denn diese Buchsen sind in spezieller Weise elliptisch geformt. Diese Form ist in der konventionellen Herstellung sehr anspruchsvoll, hat aber große Vorteile. Zum einen erlaubt sie eine optimierte Anordnung der Kühl- und Heizpatronenbohrungen und damit eine effektive Temperierung der Gehäuseelemente. Zum anderen verhindert die Oval-Geometrie ein Einfallen der Buchse im Zwickelbereich. Dies begünstigt den Wärmeübergang vom Außenkörper auf die Buchse. Zudem werden die Buchsen durch einen speziellen Anlagebund axial im Gehäuse gesichert. Das vermeidet Leckagen an den Dichtflächen der Gehäuseverbindungen, die ohne axiale Sicherung durch unterschiedliche Wärmeausdehnung von Buchse und Außenkörper auftreten können. „Aus dem neuen metallischen Werkstoff können wir die komplexe Geometrie der komplett durchgehärteten Buchsen problemlos herstellen“, freut sich Madle.
Ihr Ansprechpartner
andreas.madle@kraussmaffei.com