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"Über Geschäftsmodelle wie Pay-per-Shot denken wir nach"
| Sabine Koll, Petra Rehmet
Interview mit Nadine Despineux
Zum 1. Juli 2018 hat die KraussMaffei Gruppe eine neue Geschäftseinheit gegründet: Digital Service Solutions. Das K-Magazin hat sich mit Nadine Despineux, Geschäftsführerin und President der neuen Geschäftseinheit, über die Digitalisierungspläne der Unternehmensgruppe unterhalten.
K-Magazin
Frau Despineux, alle großen Spritzgießmaschinenbauer befassen sich mit der Digitalisierung. Doch KraussMaffei geht den Weg, eine eigene Geschäftseinheit dafür zu gründen, die auf einer Hierarchiestufe mit den Bereichen Spritzgießtechnik, Extrusion und Reaktionstechnik steht. Warum dieser Schritt?
Nadine Despineux
Es ist keine Frage der Hierarchie, sondern unseres Unternehmensfokus. Unser traditionelles Geschäft ist darauf begründet, wenn man es mal salopp sagen darf, die besten Maschinen für die Kunststoffverarbeitung zu entwickeln und zu bauen. Das ist die Basis für unser Geschäftsmodell. Das war in der Vergangenheit so und wird auch in Zukunft weiterhin so sein.
Aber wir wollen genau diese Grundlage gleichzeitig jetzt auch für Angebote im Bereich Service, digitaler Produkte und neuer Geschäftsmodelle nutzen. Wir glauben fest daran, dass die Kombination aus mechanischer Exzellenz und Serviceexzellenz in Zukunft den Unterschied in unserem Markt machen wird. Und wir glauben daran, dass gerade unser weltweiter Service der Grund dafür sein wird, dass Kunden sich für Krauss Maffei entscheiden. Es geht uns letztlich darum, einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen. Hinzu kommt, dass eine neue Geschäftseinheit eine ganz andere Beschleunigung für das Thema ermöglicht.
"Die Kombination aus mechanischer Exzellenz und Serviceexzellenz wird in Zukunft den Unterschied in unserem Markt machen"
K-Magazin
Was heißt es denn konkret, einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen?
Nadine Despineux
Nehmen Sie unser Leasingmodell für Spritzgießmaschinen, das wir im vergangenen Herbst gestartet haben. Für uns war nicht der Treiber, ein tolles neues Geschäftsmodell zu entwickeln, sondern eine Antwort auf eine der drängenden Herausforderungen unserer Kunden zu haben. Viele unserer Kunden sind mit immer kürzeren Produktzyklen konfrontiert. Das heißt, wenn in diesen Fällen ein kleiner oder mittlerer Kunststoffverarbeiter eine Spritzgießmaschine kauft, dann stellt dies eine erhebliche Investition dar.
In diesen Fällen ist die lange Lebensdauer einer KraussMaffei Maschine de facto ein Wettbewerbsnachteil. Deshalb haben wir uns die Frage gestellt, was wir tun können, damit der Kunde sich in einer Wachstumsphase eine Spritzgießmaschine leisten kann, die er nach ein paar Jahren flexibel zurückgeben oder aber in seinen Maschinenpark übernehmen kann. Solche Lösungen wie „Mieten statt Kaufen“ zu entwickeln ist durch die Digitalisierung heute deutlich leichter.
K-Magazin
Warum ist die Digitalisierung hier von Vorteil?
Nadine Despineux
Das Mieten der Maschine alleine ist nicht die Lösung. Die Herausforderung in diesem Konzept liegt darin, dass wir gegebenenfalls nach drei oder vier Jahren Gebrauchtmaschinen zurückbekommen, die wir wiederum vermarkten wollen. Hier spielt unser etabliertes Gebrauchtmaschinengeschäft eine große Rolle.
Aber durch unsere Zusammenarbeit mit dem Kaiserslauterner Start-up-Unternehmen Gindumac, das eine Internetplattform für Gebrauchtmaschinen betreibt, bekommt dieses Geschäftsmodell einen ganz neuen Drive. Wenn man auf einen Schlag 50 oder 100 Maschinen zurückbekommt, dann ist deren Vermarktung auf dem analogen Weg sehr, sehr holprig und langwierig und nicht gerade effizient. Über den digitalen Weg verbinden Sie alle Angebote und alle Nachfrager weltweit gleichzeitig miteinander – und damit wird das Geschäftsmodell interessant.
K-Magazin
Über welche weiteren neuen Geschäftsmodelle denken Sie nach?
Nadine Despineux
Das Geschäftsmodell "Mieten statt Kaufen" lässt sich in die Richtung Verfügbarkeitsgarantie, Pay-per-Shot oder Pay-per-Use weiterdenken. Eine Maschine ist ja Mittel zum Zweck. Dem Kunden ist im Grunde vor allem daran gelegen, dass die Maschine hochverfügbar ist – vor allem, wenn es sich um kritische Bauteile handelt, die damit produziert werden. Wenn ich die Maschine anschalte, dann muss sie funktionieren. Und wenn dies nicht der Fall ist, stellt sich die Frage, wer dafür verantwortlich ist.
Die Digitalisierung gibt uns hier neue Möglichkeiten. Subscribe-Geschäftsmodelle können für die Kunden sehr attraktiv sein, wie wir aus intensiven Diskussionen mit unseren Kunden wissen. Sie bieten eine hohe Flexibilität. Es gibt sie bereits in vielen anderen Branchen, im Maschinenbau wurden sie aber nur wenig umgesetzt.
"Subsribe-Geschäftsmodelle wie das 'Mieten statt Kaufen' bieten eine hohe Flexibilität für unsere Kunden"
K-Magazin
Hat die Digitalisierung auch Auswirkungen auf den klassischen Service, der ja auch in Ihren Aufgabenbereich fällt?
Nadine Despineux
Definitiv. Aus dem privaten Umfeld sind die Kunden gewohnt, dass sie jederzeit und überall auf Internetplattformen zugreifen können, Produkte bequem bestellen und schnell geliefert bekommen. Sie werden anschließend über alle Schritte des Bestell- und Lieferservices informiert. Solche Möglichkeiten wünschen die Kunden auch von uns – und zwar nicht nur für Ersatzteile, sondern künftig sicher auch für Maschinen. Dies gilt zudem auch für Technikereinsätze.Der Kunde will rundum eine höhere Verfügbarkeit, Schnelligkeit, Flexibilität und Transparenz.
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