Trendgineering
Vernetzte Schaumplatten aus dem Zweischneckenextruder ZE BluePower
| Andreas Weseler
KraussMaffei unterstützt Forschungsprojekt des Bundeswirtschaftsministeriums
Der Beweis ist erbracht: Duroplast-Schaumplatten auf Basis eines Phenolharzes lassen sich in einem gleichlaufenden Zweischneckenextruder herstellen. Das positive Ergebnis erzielten sechs Kooperationspartner eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Gemeinschaftsprojekts. Derartige innovative Hart-Schaumstoff-Platten eignen sich hervorragend als lastabtragende Wärmeverbundbauteile im Gebäudebau, zum Beispiel zur Montage von Solarmodulen oder Klimaanlagen auf Dächern.
"Energieeffizient gefertigte naturbasierte duroplastische Phenol-Hartschäume zur Reduktion von Endenergieverlusten im Hochbau und in technischen Anlagen" – hinter diesem etwas sperrigen Projektnamen verbergen sich neben KraussMaffei mit den Bereichen Spritzgieß- und Extrusionstechnik als assoziierter Partner die Unternehmen Hexion GmbH (Phenolharze), Ejot Baubefestigungen GmbH (Befestigungslösungen für das Baugewerbe), Schöck Bauteile GmbH (lasttragende Isolationbauteile-), Robert Bosch GmbH (verschiedenste Produkt- und Konsumgüter) sowie der Projektkoordinator, die TU Chemnitz, Fakultät für Maschinenbau, Professur Kunststoffe. Ziel der Partner war die Entwicklung einer geschlossenen Wertschöpfungskette von der Herstellung über Planung, Bau, Betrieb bis zum Recycling für duroplastische Phenol-Hartschäume.
Auf den Extrusionsbereich von KraussMaffei entfiel dabei die Aufgabe, die geeignete Phenol-Formmassen-Rezeptur auf die dazu passende Prozessführung abzustimmen, um Platten mit einer geringen Dichte bei hoher mechanischer Stabilität, geringer Wärmeleitfähigkeit und guten Brandeigenschaften im Extruder herzustellen.
"Tatsächlich sind die hervorragenden Brandeigenschaften der neuen duroplastischen Schaumplatten etwas Besonderes."Andreas Madle, Verfahrensingenieur im Bereich Verfahrenstechnische Entwicklungen und Projektverantwortlicher bei KraussMaffei
Schließlich gebe es im Markt bereits Polyurethan-Hartschaumplatten für vergleichbare Anwendungen, die jedoch schlechtere Brandeigenschaften aufwiesen. Aber gerade diese sind bei Anwendungen im Bausektor so entscheidend. Das neue Material ist bereits ohne den Einsatz zusätzlicher Flammschutzmittel sehr schwer entflammbar und damit der Brandschutzklasse B1 zugeordnet. Es tropft bei einem Brand nicht ab und raucht auch nicht. Ein weiterer Vorteil ist die gute Wärmeformbeständigkeit. Bauteile aus diesem Material bleiben im Brandfall lange formstabil. In Kombination mit der geringen Wärmeleitfähigkeit, sind Phenolharz-Hartschaumplatten bestens als Isolationsmaterial für den Einsatz im Gebäudebau geeignet.
Optimal konfigurierter Zweischneckenextruder hält die Vernetzung unter Kontrolle
Hergestellt wurden die Schaumplatten mit einer Dicke von 50 mm und einer Breite von bis zu 300 mm auf einem ZE 42 Blue Power. Dazu wurde der Zweischneckenextruder mit einem Schneckendurchmesser von 42 mm, der im Technikum von KraussMaffei in Hannover für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben steht, verfahrenstechnisch exakt an die Anforderungen des Materials angepasst. "Die Herausforderung bestand darin, die Vernetzung im Extruder unter Kontrolle zu halten und Totzonen zu vermeiden“, betont Andreas Madle. Gelungen ist dies durch Anpassung der Schneckengeometrie und des Schmelzeaustrittbereiches. "Die Herausforderung bestand darin, die Vernetzung im Extruder unter Kontrolle zu halten und Totzonen zu vermeiden“, betont Andreas Madle. Gelungen ist dies durch Anpassung der Schneckengeometrie und des Schmelzeaustrittbereiches. "Wir verwenden eine scherarme Schneckengeometrie und fahren das Material bei einer relativ geringen Temperatur von etwa 100 - 120 °C durch den Extruder“, beschreibt der Verfahrensingenieur den Prozess.
"Weiterhin haben wir mit Hilfe des 3D-Metalldrucks eine Schneckenkuppe gefertigt, die ein sehr geringes freies Volumen zulässt und somit Totzonen, in denen sich Material ablagern und vernetzen könnte, minimiert." Das Aufschäumen der von Hexion entwickelten Formmasse, die neben Phenolharz und Härter auch Fasern und Additive enthält, übernimmt ein umweltfreundliches anorganisches Treibmittel. Das chemische Treibmittel beginnt bereits bei den niedrigen Temperaturen im Extruder zu reagieren und sorgt beim Austreten der Schmelze aus dem Werkzeug für das Aufschäumen der Phenolharz-Formmasse. Es entsteht ein Schaumprodukt mit einer Dichte von rund 800 kg/m3, was in etwa einem Aufschäumfaktor von 1:2 entspricht.
Darüber hinaus zeichnen sich die Platten durch eine gute Wärmeleitfähigkeit von 0,12 W/mK aus. "Es ist uns bewusst, dass unser Schaum im Vergleich zu einem thermoplastischen Schaum wie bspw. EPS, der durchaus Dichten von unter 30 kg/m3 erreichen kann, schwer ist“, gibt Andreas Madle zu und schränkt ein: "Direkt vergleichen lassen sich die beiden Schaumprodukte jedoch nicht: Die Anwendung ist eine ganz andere, da der neue Schaum unter anderem als Isolationsmaterial für belastete Anwendungen gedacht ist und aus der höheren mechanischen Stabilität zwangsläufig eine höhere Dichte resultiert." Darüber hinaus ist der Verfahrensingenieur sicher, dass sich die Dichte des Phenolharz-Schaumes in folgenden F+E-Projekten weiter reduzieren lässt.
Verstärkungsstoffe erhöhen die Festigkeit
Für die guten Festigkeitseigenschaften des Duroplast-Schaumes, auch unter hohen Temperaturen und Medieneinfluß, ist die dreidimensionale Vernetzung der Polymerketten essenziell. Diese findet in einem dem Extruder nachgeschalteten Bandabzug statt. Dieser sorgt nicht nur für die Formgebung, sondern ermöglicht aufgrund seiner Walzentemperaturen von bis zu 180°C das vollständige Ablaufen der Vernetzungsreaktionen. Durch die in der Formmasse enthaltenen Füll- und Verstärkungsstoffe können bei ähnlichen Dichten die mechanischen Eigenschaften von vergleichbaren Produkten aus Polyurethan übertroffen werden und zum Beispiel zur Montage von großen Fensterprofilen oder Balkonen eingesetzt werden. Weitere Anwendungen könnten verstärkte Brandschutztüren im Marinesektor, Batteriekästen im Automobilbereich sowie Fußbodenbeläge sein. Neben der hohen Festigkeit und Belastbarkeit punktet der Schaum in allen genannten Anwendungen mit seinen hervorragenden Brandeigenschaften und stellt somit eine interessante Ergänzung zu bereits etablierten Schaumprodukten dar.
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andreas.madle@kraussmaffei.com